

Es ist früher Vormittag. Ich sitze barfuß auf meinem Balkon, Im Hintergrund läuft ein Song von Jack Johnson, ein Glas frisches Harzburger Leitungswasser in der Hand – eines der kleinen Alltagsgeschenke, die oft untergehen.
Die Sonne scheint. Ich bin gesund und genieße den Ausblick ins Grüne. Leben ist schön ;)
Und dennoch spüre ich gerade: es schmerzt.
Nicht körperlich. Sondern innerlich.
Ich habe in den letzten Tagen vier langjährigen Kunden gesagt, dass ich künftig keine Einzelberatungen, keine Sonderprojekte, keine kurzfristigen Rückrufe mehr anbiete.
Stattdessen: Fokus. Klarheit. Konzentration auf nur noch ein Produkt – unsere digitale Lernplattform für Stadtwerke und öffentliche Versorger.
Und obwohl ich diesen Schritt seit Monaten vorbereitet habe, tut er weh.
- Weil er Abschied bedeutet.
- Weil er Wandel bedeutet.
- Weil er Unsicherheit bedeutet.
Der Preis von Wachstum: Entscheidungen, die nicht jeder versteht
Seit 2013 arbeite ich mit Energieversorgern, Stadtwerken und öffentlichen Einrichtungen zusammen. Erst als Angestellter, dann als Selbständiger, aber immer mit schwarzen Lederschuhen, Anzug, Hemd und Krawatte. Ich habe Projekte begleitet, Workshops gegeben, Beratungen durchgeführt. In Spitzenjahren 70 Seminartage und mehr, Dutzende Kundenprojekte, 60-Stunden-Wochen. Ich wollte helfen. Überall. Sofort.
Bis mein Körper im April 2023 stoppte.
Burnout.



Die Geburt einer Plattform – und das Ende der Maßanfertigungen mit Anzug und Krawatte
Aus der Krise entstand ein neues Modell: eine skalierbare, digitale Lernplattform, die Stadtwerken hilft, Excel, BWL-Grundlagen und Künstliche Intelligenz selbstständig, effizient und zeitunabhängig zu erlernen – im eigenen Tempo, mit Zugang für das ganze Team.
Diese Lernplattform war nie als Notlösung gedacht, sondern als Antwort auf eine neue Realität: Fachkräftemangel. Wissenslücken. Zeitdruck. Remote-Arbeit.
Und auch als Antwort auf meine eigene Realität: Gesundheit. Lebensqualität. Klarheit.
Vier meiner treusten Kunden gaben dem Projekt damals Struktur, Feedback und Vertrauen. Ohne sie wäre es nicht so geworden, wie es heute ist. Dafür bin ich ihnen zutiefst dankbar.
Heute – 2025 – nutzen rund 20 Stadtwerke die Plattform mit ihren Teams.
Und nun stehe ich an einem neuen Punkt:
- Ich muss konsequent sein. Ich möchte nicht mehr zu alten Mustern zurück.
- Auch wenn ich manche Telefonate, manchen persönlichen Austausch vermisse.
- Auch wenn der Abschied schwerfällt.
- Auch wenn ich einige Kunden menschlich sehr schätze.
Was das mit Stadtwerken zu tun hat?
Mehr als man auf den ersten Blick denkt.
- Auch Stadtwerke stehen unter enormem Veränderungsdruck:
- Die Energiewende verlangt neue Kompetenzen.
- Fachkräfte fehlen, während alte Strukturen noch wirken.
- Die digitale Transformation macht Arbeitsweisen obsolet.
- Es entstehen neue Rollen, neue Verantwortungen – und neue Überforderungen.
Und immer wieder ist da diese Frage:
- Wie viel Veränderung verträgt ein Unternehmen? Wie viel der Mensch darin?
Veränderung bedeutet nicht nur neue Tools und Prozesse. Sie bedeutet:
- Loslassen. Umdenken. Aushalten. Entscheiden.
Oft ist nicht das Neue das Problem, sondern das Alte nicht mehr tun.
Vom Mut, nicht mehr alles zu machen
Ich schreibe diesen Beitrag nicht als Berater. Nicht als Coach. Nicht als Verkäufer.
Sondern als jemand, der aus eigener Erfahrung sagen kann:
Veränderung tut weh. Aber sie ist notwendig.
Und: Es ist okay, wenn sie Angst macht.
Wenn wir als Menschen, als Unternehmen, als Stadtwerke zukunftsfähig bleiben wollen, dann müssen wir lernen, anders zu arbeiten. Anders zu führen. Klarer zu entscheiden.
Nicht alles. Aber das Richtige.
Was das konkret bedeuten kann?
- Keine Sonderlösungen mehr, die Ressourcen binden.
- Plattformlösungen, die vielen helfen – ohne Einzelfallkosten.
- Wissen demokratisieren – statt zentralisieren.
- Rollen und Verantwortlichkeiten mutig neu denken.
Veränderung ist kein Trend. Sie ist Realität.
Wer heute nicht klar kommuniziert, was er leisten kann und will – verliert Energie, Vertrauen und Mitarbeitende.
Und Du?
- Wo in Deinem Stadtwerk erlebst Du aktuell genau diesen Zwiespalt zwischen Altem und Neuem?
- Wo tut es weh?
- Und was würdest Du gerne loslassen – wenn Du dürftest?
Ich glaube, viele Geschäftsführer*innen und Personalverantwortliche stehen genau dort, wo ich stand.
Und ich möchte ermutigen: Geh den Weg. Mit Klarheit. Mit Mut. Und mit Haltung.
Denn genau dort beginnt nachhaltige Veränderung.
Nicht auf dem Papier.
Sondern im Herzen.
Herzliche Grüße vom Balkon
Ralf Greiner
(Barfuß. Mit offenem Hemd. Und einem Glas Leitungswasser aus Bad Harzburg.)
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